60 Jahre Kaugummiautomatenliebe

Welche Menschen stehen hinter den geliebten Kaugummiautomaten? Und welche davor? Hier gilt nach wie vor – Nur Barzahlung! Bedenken hinsichtlich der Hygiene sind absolut unbegründet.

Kaugummiautomaten mit Facelifting?

 

 

 

 

Einsam und alleine trotzen sie jedem Wetter. Manchmal findet man sie in Gesellschaft mit einem Zigarettenautomaten. Sie sehen oft schrecklich mitgenommen aus. Bekritzelt, verbeult und stellenweise verrostet und nicht sehr vertrauenserweckend.

Sie hängen seit mehr als 60 Jahren, meist an privaten Hauswänden und oft an Schulwegen.

 

 

Social Media Plattformen sind voll mit Kaugummiautomaten-Beiträgen

Hastag (#) Kaugummiautomat mit 18.000 Beiträgen, Hashtag (#) Kaugummiautomatenliebe mit 4.940 Beiträgen oder Hashtag (#) Kaugummiautomaten mit 2.400 Beiträgen sind nur einige, allein bei Instagram im deutschsprachigen Raum. Von #Bubblegummachine & Co. will man jetzt erst gar nicht sprechen.

Ob TikTok, Facebook oder YouTube – auf allen Kanälen findet man Bilder, Videos, Berichte und andere Neuigkeiten. Ein Key Influencer mit dem Account centers_of_early_consumption auf der Instagram-Plattform hat sogar ein eigenes Buch über Kaugummiautomaten veröffentlicht und postet regelmäßig von seinen neuesten Aktionen.

 

Früher befüllt mit Spielzeug, wie Trillerpfeife, Jo-Jo, Taschenmesser oder Flummi gibt es heute nach wie vor die heißgeliebten und unbeschreiblich harten Kaugummis. Wenn man sie erst mal in den Mund gesteckt hat, werden sie durch den Speichelfluss weich und man kann seinem Kaubedürfnis nachgehen. Danach hat man eine lustige blaue, grüne oder – je nachdem welche Farbe der Kaugummi hatte – farbige Zunge. Erinnerungen an Kindheitstage werden garantiert geweckt.

Kaugummi ist wie Zucker, Speisesalz oder Getränke mit einem Alkoholgehalt von mindestens zehn und mehr Volumenprozent, ein Produkt ohne Mindesthaltbarkeitsdatum-Pflicht. Durch die lackierte Oberfläche ist der Kaugummi schmutzabweisend, viele Jahre haltbar und dadurch ist eine umweltschädliche Verpackungsfolie unnötig.

 

Zwangsläufig werden es immer weniger Kaugummiautomaten

Kaugummiautomaten oder unschön formuliert: Automatenbatterien mit einem Metallgehäuse, oftmals Rot-Weiß lackiert werden immer seltener im Straßenbild. Das größte Problem ist der Vandalismus. Das erklärte auch der Geschäftsführer, Paul Brühl vom Verband der Automaten Fachaufsteller e.V. kurz VAFA e.V. genannt. Der Verband berät alle Automatenaufsteller in Rechts- und Marketingfragen, in Angelegenheiten der Organisation und Wirtschaftlichkeit sowie bei Steuerproblemen und auch Startup-Unternehmen werden vielfach unterstützt.

Man merkt es sofort, das Herz von Paul Brühl schlägt für die Automaten und dazu gehören nicht nur Kaugummiautomaten. Selber viele Jahre Verkaufsautomatenbesitzer kennt er die Probleme und Erfolge der Branche genau. 30 bis 40 Interviews gibt er im Jahr und sein Fachwissen ist beeindruckend. 

 

Fakten über die heißgeliebten Kaugummiautomaten

  • Die Amerikaner brachten den Kaugummi nach dem zweiten Weltkrieg nach Westdeutschland. Ende der 50er – Anfang der 60er Jahre wurden die ersten Kaugummiautomaten aufgestellt. Bis auf ein paar kosmetische Veränderungen, ist die Optik geblieben.
  • Von 2.5 Millionen Automaten in Deutschland gibt es schätzungsweise 300 – 600.000 Kaugummiautomaten. Dabei sind diese bei einigen Stadtverwaltungen ein Dorn im Auge. Gebrauchte Kaugummis kleben überall da, wo sie nicht sein sollten.

Was muss man beim Aufstellen eines Kaugummiautomaten alles beachten?

  • Mal eben einen Kaugummiautomaten an einer beliebten Straße oder Unterführung anbringen ist verboten. Auch wenn es die eigene Hauswand sein sollte, gibt es Vorschriften der geltenden Gesetze und Verordnungen der Bauordnung.
  • Beim Ordnungsamt muss der Automat angemeldet und beim Abbau wieder abgemeldet werde. Die Geräte dürfen nicht zu weit in den öffentlichen Grund hinausragen, die Sicherheit muss gewährleistet sein. Es könnte Sondernutzungsgebühren erhoben werden. Hinzu kommen Haftpflichtversicherung, Berufsgenossenschaft, Lebensmittelhygiene, IHK usw.
  • Der Gewinn liegt durchschnittlich bei 50 – 100 Euro im Jahr und wenn er dann noch durch Vandalismus zerstört wird, ist es ein wirtschaftlicher Totalschaden.
  • Auf jeden Automaten muss eine ladungsfähige Adresse stehen.
  • Könnte man das Überleben der heißgeliebten Kaugummiautomaten sichern? Vielleicht durch eine Patenschaft? Eventuell als Werbeträger für Städte, Vereine oder Firmen? Folien auf den Automaten würden das Erscheinungsbild verbessern und Täter eventuell vom Vandalismus abhalten? Natürlich könnte man Verträge mit Automatenaufsteller machen. Diese Verträge dürfen nicht länger als für drei Jahre geschlossen werden. Danach werden sie erneuert. Es gibt auch Jahresverträge.

Ohne Münzgeld ist dieses Geschäft nicht machbar

Ein Aufschrei ging durch die Automatenbranche, als Spekulationen über eine gänzliche Verbannung von Münzen und Scheinen in unseren Portemonnaies publik wurde.

Das wäre das Ende für ca. 1,5 Millionen mechanische oder elektromechanische Automaten in Deutschland. Nicht nur die vielerorts geliebten Kaugummiautomaten, sondern auch alte Parkschein-, Nuss-, Fahrradschlauch-, oder Hofladenautomaten gehören unter anderem auch dazu.

Wir wollen nur hoffen, dass uns diese „Vernachlässigte Zentren früheren Konsums“ noch lange erhalten bleiben und das wir bei unserer nächsten Begegnung mit einem Kaugummiautomaten und 20 Cent in der Tasche, mit einem kleinen Stück Kindheitserinnerung belohnt werden.